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Lab Fellow Portraits #4 | Urban Participation Lab

Urban Participation Lab – ein neues Sprachrohr für Stadtbewohner*innen

Digitale Partizipation für die urbane Entwicklung und lebenswertere Städte: Dafür stehen die Fellows vom Urban Participation Lab (UP Lab) – eines von sechs Teams im Urban Ideation Lab, dem Labor für das Stadtquartier der Zukunft und Herzstück von B-Part Am Gleisdreieck. Das digitale Unternehmen von Justus Schuchardt und Oskar Lingk entwickelt innovative Methoden zur zukunftsfähigen Stadtplanung und bessere Beteiligung von Bürger*innen an städtebaulichen Projekten.

Zum Beispiel der Ebertplatz in Köln: eine urbane Problemzone, wie man sie in manchen Städten findet. Bezeichnend sind schlechte Wegeverbindungen, unzureichende Beleuchtung und anstelle von Aufenthaltsqualität eine wenig einladende Ausstrahlung auf Anwohner wie Passanten. Um einen Problem-Hotspot wie den Ebertplatz so umzugestalten, dass sich die Menschen dort wohlfühlen, gilt es herauszufinden, wie sich die Stadtbewohner ihren Platz eigentlich wünschen.

Üblicherweise lief das im klassischen Planungsverfahren darauf hinaus, dass sich Anwohner*innen bei den Bezirken oder Projektträgern informieren und beteiligen können. Das tut aber erfahrungsgemäß nur ein geringer Teil der Betroffenen; also die engagierten Menschen, die sich aktiv um ihre Beteiligung kümmern. Entsprechend wenig repräsentativ und plural verlaufen solche Verfahren, die mit den Ansprüchen zeitgemäßer Stadtplanung nicht mehr vereinbar sind.

Das Team vom Urban Participation Lab hat eine digitale Methodik entwickelt, den Spieß umzudrehen und viel mehr Menschen stärker in urbane Projekte zu involvieren. Mittels Social Media-Kanälen und Geo-Targeting lässt sich ortsgenau ein viel breiteres Publikum gezielt ansprechen und für die jeweiligen Projekte gewinnen. Anstatt dass die Bürger*innen bei Bezirken oder Bauträgern vorstellig werden müssen, bringt diese Methode die Stadtplanung direkt zu den Menschen.

Zurück zum Kölner Ebertplatz: Justus Schuchardt hat hier sein erste Forschungsarbeit in Zusammenarbeit mit der Aalborg University in Kopenhagen durchgeführt. Mit ihren digitalen Umfrage-Tools erzielten sie innerhalb weniger Tage einen Rücklauf von rund 2.000 an demografische Daten gekoppelten Fragebögen, aus denen sich ein umfangreiches Stimmungsbild über die Wünsche der Anwohner*innen an ihren Ebertplatz ableiten ließ. Identifiziert wurden beispielsweise Angsträume oder Verbesserungsmöglichkeiten bei Wegeführungen, Lichtkonzepten und Nutzungsoptionen. Im Ergebnis liegt eine quantitativ umfassende wie qualitativ aussagekräftige und zudem ansprechend visualisierte städtebauliche Analyse vor, die mit herkömmlichen Mitteln nur schwer zu erzielen wäre.

Mit ihrem Anfang des Jahres gegründeten Unternehmen treffen die beiden Gründer Justus Schuchardt und Oskar Lingk offensichtlich einen Nerv. Das bestätigt die Nachfrage in Form zahlreicher laufender Aufträge und Projekte wie zum Beispiel:

• Münster: Digitale Partizipation für den Masterplan Mobilität Münster 2035+ im Auftrag der Stadt Münster.
• Indien: Unterstützung eines Forschungsprojekts in Kooperation mit der der TU Berlin. Ziel: Erforschung des Umweltbewusstseins in drei indischen Städten.
• Hamburg, „Hammerbrooklyn“: Im Stadtteil Hammerbrook entsteht ein neuer, urbaner Zukunftsstandort mit dem Ziel die Zukunft von Stadt, Wirtschaft und Gesellschaft für die Menschen positiv zu gestalten.
• Hamburg – Pinneberg: Pendlerbefragung in Zusammenarbeit mit Orange Edge und im Auftrag von der Stadt Hamburg, Interreg Baltic Sea Region und der EU.

Diese Projekte zeigen, dass die neuen Möglichkeiten intensiverer Beteiligung in der Stadtplanung bei Kommunen, Planern und Projektträgern längst auf der Agenda stehen und hier im Moment ein wirklicher Wandel stattfindet. Für die Stadtbewohner*innen mag das noch nicht flächendeckend sichtbar sein, da sich die städtebauliche Entwicklung über längere Zeiträume hinzieht. Aber die neuen Teilhabemöglichkeiten und -angebote werden dank der digitalen Methoden kontinuierlich erweitert, wodurch sich zunehmend lebenswertere wie nachhaltigere Stadtquartiere etablieren.

Ein Beispiel dafür ist das B-Part Am Gleisdreieck selbst, in dem das Team vom UP Lab einen optimalen Standort mit unmittelbaren Vernetzungsmöglichkeiten gefunden hat. Aktuell wird ein gemeinsamer Workshop mit dem Lab Fellow-Team von nexTT, den Spezialisten für Daten-Visualisierung, geplant. Zudem könnte es kaum ein naheliegenderes Thema geben, als sich mit dem Gleisdreieckpark selbst zu beschäftigen, was ebenfalls auf der Projektliste vom UP Lab steht.

Letztlich birgt das neue Werkzeug der digitalen Partizipation ein enormes Potenzial: Anstelle von einseitig geplanten Projekten oder Gebäuden, die ohne Zusammenhang zu ihrer Umgebung und den Anwohner*innen gebaut werden, entstehen in inkludierenden Prozessen städtische Lebensräume, mit denen sich die Menschen wirklich identifizieren können.