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Lab-Fellows Portrait #5 | Franziska Sahr

Eine Masterarbeit über die Urbane Mitte Am Gleisdreieck

Die Frage, wie wir in unseren Städten eigentlich in Zukunft leben und arbeiten wollen, prägt unsere urbane Gegenwart wie kaum eine andere. Diesem Thema widmet sich auch die Masterstudentin Franziska Sahr – als Fellow im Urban Ideation Lab, dem Labor für das Stadtquartier der Zukunft und Herzstück von B-Part Am Gleisdreieck. Franziska untersucht die Urbane Mitte Am Gleisdreieck hinsichtlich ihrer Perspektiven für ein zeitgemäßes Stadtquartier.

Über Jahrzehnte lag das Leitbild in der autogerechten und fragmentierten Stadt. Dem PKW-Verkehr wurde der meiste Platz eingeräumt, um möglichst fießend zwischen den verschiedenen Stadtquartieren wechseln zu können, in denen jeweils entweder gewohnt, gearbeitet oder eingekauft wurde. Mit der Vorfahrt fürs Auto bildete sich auch die in monofunktionale Viertel segmentierte Stadt heraus.

Diese Form der Stadtgestaltung lässt sich heute nicht mehr vertreten. Trotzdem müssen wir uns immer noch mit der PKW-optimierten Infrastruktur arrangieren und wiederholen auch heute noch die eigentlich obsoleten Fehler. Die gebürtige Berlinerin Franziska Sahr hat für ihr Studium für eine Zeit in Essen und dort in direkter Nähe zu gleich drei Autobahnen gelebt; sie kennt das Problem also zur Genüge aus eigener Anschauung. 

„Die wesentliche Schieflage“, sagt Franziska, „entsteht durch den Fokus auf die einseitige Nutzung. Eine Shopping-Mall zum Beispiel mag für sich ihren Zweck erfüllen, aber nach Ladenschluss bildet sie einen leblosen Monolith, der sich verödend auf das umgebende Stadtgebiet auswirkt. Paradebeispiel für ein dysfunktionales Stadtquartier ist für mich der Potsdamer Platz – eine Bürogegend ohne ausreichend Wohnen, in dem auch die Shopping-Angebote nicht gerade florieren.“

Eine wichtige Inspiration für ihre Arbeit und eigene Lebenserfahrung ist die amerikanische Stadt- und Architekturkritikerin Jane Jacobs. Schon in den 60er Jahren wandte sich Jacobs entschieden gegen die vorherrschende, alles autogerecht planierende Stadtplanung ihrer Zeit und den damit einhergehenden Verlust gewachsener urbaner Strukturen mitsamt ihrem sozialen Kapital.

Diesen Entwicklungen stellt Jacobs einen klaren Kontrapunkt entgegen: Stadtquartiere erweisen sich dann als umso lebenswerter wie nachhaltiger, je mehr in ihnen die primären Nutzungsfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Erholung und andere vielfältig und möglichst kleinteilig durchmischt sind. Nicht zuletzt fördert eine solche urbane Diversität nicht nur den sozialen Zusammenhalt und die Lebendigkeit von Arealen, sondern auch die dort ansässige Wirtschaft.

In diesem Spirit beschäftigt sich Franziska in ihrer Masterarbeit mit der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck und sie selbst bringt dafür einen vielfältigen und interdisziplinären Hintergrund mit. Nachdem sie einen kombinierten Bachelor aus Skandinavistik und BWL an der HU Berlin absolviert hat, studiert sie derzeit in Essen „Urbane Systeme“.

Auf die Idee, sich nach dem Bachelor in einem zweiten Studium mit der Entwicklung von Städten zu beschäftigen, kam sie beim Besuch eines Seminars in Schweden. „Hier wurden vermeintlich so getrennte Sphären wie Demokratie, Kultur und urbaner Raum in für mich völlig neue Zusammenhänge gebracht. Ich staune, was für ein faszinierendes, facettenreiches Feld sich auftut, wenn man sich Städte aus ganz verschiedenen Kontexten und Disziplinen anschaut.“

Der Studiengang Urbane Systeme ist genau in diesem Sinne ganzheitlich und offen ausgerichtet: „Studierende aus diversen Disziplinen können in diesem Masterstudiengang ihr Wissen erweitern und lernen, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Das führt dann dazu, dass ich zum Beispiel mit Ingenieuren ins Gespräch komme, denen es eigentlich ausschließlich um die Funktion geht und die sich überhaupt nicht dafür interessieren, was allein ein Blumenkübel hier und da bewirken kann. Aber während wir zusammen Seminare besuchen, öffnen sich unsere Sichtweisen mit der Zeit und auch ich kann die Mentalität der Ingenieure besser verstehen.“

Mit diesem Blick aus verschiedenen Sichtweisen widmet sich Franziska der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck. Denn, während die Aussicht auf neue Gebäude Parkbesucher*innen oder Anwohner*innen eher abschreckt, soll hier ja gerade ein gut durchmischtes und vielfältiges Bebauungs- und Nutzungskonzept realisiert werden. Franziskas Analyse wird zeigen, ob sie die eine oder andere Anregung für die Ausgestaltung des zukünftigen Stadtquartiers im Park am Gleisdreick einbringen kann. Voraussichtlich im Frühjahr 2020 will sie ihre Masterarbeit fertigstellen – wir berichten über das Ergebnis.