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B-Part Exhibition: Modell | Skulptur

06.04.2019 | 14:00 - 18:00

B-Part Exhibition
Auftaktausstellung „Modell / Skulptur“

Mit Arbeiten von Matias Bechtold, Rudolf Hausner, Zora Janković, Karsten Konrad, Jens Reinert und Sinta Werner

Kuratiert von Rüdiger Lange (loop – raum für aktuelle kunst)
Eröffnung am Freitag, 5. April, 2019, 18:00 Uhr
Ausstellungsdauer: 06. April – 18. Mai 2019
Adresse: B-Part Am Gleisdreieck, Luckenwalder Straße 6b, 10963 Berlin

loop – Raum für aktuelle Kunst – seit über zwei Jahrzehnten gilt dieses von dem Berliner Kurator und Kulturmanager Rüdiger Lange in der Berliner und internationalen Kunstszene eingeführte und entwickelte Label als so vielseitiges wie innovatives Modell, temporäre Raumnutzungen mit kuratorischen Konzepten zu begleiten und dabei künstlerische Aspekte urbaner Entwicklung und deren Reflexion jeweils neuverortet zur Geltung kommen zu lassen.

Oft ist es dabei das Modellhafte des temporären Charakters der gewählten Räumlichkeiten, die den Ausstellungen bei loop den thematischen Rahmen geben. So auch gegenwärtig: In seiner neuesten Ausprägung eröffnet loop nun im B-Part Am Gleisdreieck – einem in modularer Holzbauweise errichteten Multifunktionsgebäude und als Experimentierfeld konzipiertem temporären Labor auf dem Baugrundstück der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck. In diesem derzeit entwickelten, großangelegten Berliner Stadtquartier zwischen Mitte, Schöneberg und Kreuzberg sorgen die von loop ab sofort unter dem Namen B-Part Exhibition vorgestellten und entwickelten Projekte und Positionen für die künstlerische und kulturelle Verortung der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck im Allgemeinen und des B-Part im Besonderen.

In diesem Sinn ist Modell / Skulptur, der Titel der Auftaktausstellung von B-Part Exhibition, programmatisch zu sehen: Anhand ausgewählter Arbeiten von Matias Bechtold, Rudolf Hausner, Zora Janković, Karsten Konrad, Jens Reinert und Sinta Werner werden künstlerische Positionen gegenübergestellt und in Verbindung gebracht, die Stadt als Modell und Skulptur begreifen und Modelle und Skulpturen als Argumente urbaner Aushandlung.

Einen wortwörtlichen Anfang der Ausstellung macht eine u. a. auf die biblische Genesis und den paradiesischen „Baum des Lebens“ bezogene Arbeit von Rudolf Hausner (1914–1995), der zu den Künstlern der Wiener Schule des Phantastischen Realismus gehörte. Sein Bild „Adams Lebensbaum“ – Teil von Hausners Serie von „Adam-Bildern“ – zeigt ein wie aus Zellen zusammengesetztes, scheinbar organisches und doch eher künstliches Gebilde. Fast schwebend, nur auf einen Pfahl oder Stamm gesetzt, hat dieser ellipsoide „Baum“ selbst schon skulpturalen Charakter. Dabei thront er über einer disziplinarisch und landschaftsplanerisch angeordneten Versammlung von vergleichbar geformten, jedoch wesentlich kleineren Bäumen. Aber ist die geordnete Natur hier dem Gebilde nachempfunden oder simuliert das Ellipsoid die Ordnung der Natur? Ist es Abbild oder Vorbild? Wächst hier etwas in einem schaffenden Gestus über sich selbst hinaus oder haben wir es bereits mit einer besonders ausgewachsenen, absolutistischen Form von Hybris zu tun? Nicht zuletzt in einem Park wie dem am Gleisdreieck gehören solche Fragen, die auch immer wieder den Zusammenhang zwischen Kultur und Natur, zwischen Gebautem und Gewachsenem betreffen, zu den interessantesten.

Auch „o.T. (Baumstamm)“, die modellhafte Skulptur von Matias Bechtold, ruft zu ähnlichen Fragen biblische Motive auf: Von der Form her an kunsthistorische Bilder des Turmbaus zu Babel erinnernd, wird hier äußerst detailliert eine sich auf engstem Raum drängende, megalomane Stadt gezeigt. Aus deren Mitte entspringt ein mit einer reicher und aufstrebend scheinenden, segregierten Oberstadt versehener Baum, der allerdings, nunmehr eine toter Stumpf, kein Wachstum mehr verspricht – weder natürliches noch städtisches. Hat die wachsende Stadt die Natur erstickt oder wurde die Stadt bereits auf der und um die tote Natur herum angelegt? Der Widerspruch zwischen der kleinteiligen Stadt im Modellmaßstab und dem Baumstumpf im natürlichen Maßstab lässt den Blick des Betrachters ebenso zwischen Realität und Dystopie hin- und herspringen wie die Frage unentscheidbar bleibt, welche der beiden Stadtebenen überhaupt noch als lebenswert empfunden würde? Als Folge gravierender Fehlplanungen kam hier, um im biblischen Bild zu bleiben, offensichtlich Hochmut vor dem Fall, Zweiheit vor Vielheit.

Die Schwierigkeiten bei der Behauptung von gesellschaftlichen Verirrungen, zumindest von solchen, die allzu leicht mit Fragen nach Geschmack und Ästhetik abgetan werden, scheinen auch Thema von Karsten Konrads Modell „Mijn Minsk“ zu sein. Zu sehen ist das „Haus der Mode“ in der weißrussischen Hauptstadt. Diese realisierte architektonische Vision sozialistischer Architektur demonstriert eine „prototypische Verbindung von Skulptur und Architektur sowie die Fusion von stalinistischem Pathos mit sozialistischer Moderne“ (Konrad). Mit typisch reichhaltigen Details ausgestattet, trägt Konrads Skulptur einen plastischen Aspekt in sich, etwa ein im Stil des sozialistischen Realismus gestaltetes Relief, das Solidarität propagieren sollte. Im Kontext der Ausstellung ist „Mijn Minsk“ eine Erinnerung an den Zusammenhang zwischen Architektur und Ideologie, der irrtümlich oft als ein nur historischer begriffen wird und in den letzten Jahrzehnten vor allem an sozialistischer modernistischer Architektur exemplifiziert wurde. Wie schnell sich die Zeiten ändern: Im Haus der Mode, direkt unter dem Relief, befindet sich mittlerweile ein Kentucky Fried Chicken.

Einer anderen Variante des modernistischen Formenkanons bedient sich Jens Reinerts Arbeit. Seine Skulptur „Laubengänge“ zeigt deutliche Referenzen an den von Funktionalität geprägten Modularbau und dessen architektonisches Element des Laubengangs. Dieses spezifische Element des Wohnungsbaus, das funktionale (Treppenhaus), soziale (Austausch) und ästhetische Komponenten zusammenführen soll, wird oft mit dem Sozialen Wohnungsbau der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbunden, erlebt aber mittlerweile eine Renaissance. Reinerts Skulptur, ein roh belassener Betonguss, als Solitär gestellt und künstlerisch bearbeitet, wird zur einprägsamen Skulptur, die einen vertrauten Formenkanon hervorhebt. Die formale, strenge Materialsichtigkeit des Objekts ermöglicht eine Wahrnehmung, die sich ganz auf den Ausschnitt, auf Linien und Form des Prinzips Laubengang konzentrieren kann und diesen so zu etwas buchstäblich anderem macht.

Auch Zora Janković arbeitet mit einem Fokus auf architektonische Details: In ihrer Skulptur „Rekonstruktion 4“ klingt die konstruktivistisch-räumliche Signifikanz des konformistischen Internationalen Stils an. Die Reduktion auf die Materialien Beton und Stahl, die unbehandelten „rohen“ Oberflächen, zeichnen die Skulpturen Jankovićs aus. Reste, Flecken der Verschalungen, die noch am Beton anhaften, tragen zur rauen Stofflichkeit des massiven Materials bei. Angedeutete Schwere, Schatten, Strukturen und vor allem die Linien, Winkel und Brüche stehen im Dialog mit der dekonstruierten Funktionalität und Dimension der Skulpturen. Schwarze und weiße Flächen – Schattenspiegelungen – unterstreichen die Plastizität. Im Kontext von Modell / Skulptur beginnt die Arbeit, gemeinsam mit den den Park am Gleisdreieck so eindrücklich charakterisierenden architektonischen und baukonstruktiven Elementen der Hochbahntrassen, gleichsam in einem Status jenseits aller Funktionen zu schwingen.

Auf ein Spiel mit der Wahrnehmung lässt man sich mit dem Wandobjekt „Reverse Cut – A Matter of Degree“ von Sinta Werner ein. Das Relief aus Glas und Rahmen zeigt auf den ersten Blick Stadtansichten: Fassaden, Perspektiven auf städtisches Environment, auf eine Megacity. Auf den zweiten Blick zeigen sich die Brüche in den Perspektiven. Der Betrachter wird mit Spiegelungen, Dopplungen und Sprüngen zwischen den Dimensionalitäten herausgefordert. Den übereinander gelegten transparenten Fotografien kommt dabei eine besondere Rolle zu. Sie simulieren gleichsam die Wahrnehmung, die ihrerseits Bilder übereinanderlegt, abgleicht, ergänzt, korrigiert, verwirft. So laden kollektive Erfahrungen in Bezug auf die Austauschbarkeit urbaner Elemente zum Spiel mit den Realitätsebenen ein. Dazu gehört auch die erweiterte Vorstellung, das Wandobjekt als solches auch als Modell für eine architektonische, urbane Skulptur zu denken.

So wie die zu sehenden Modelle und Skulpturen der sechs an der Ausstellung beteiligten Künstlerinnen und Künstler das Moment des Temporären aufgreifen, oft zwischen bereits Geplantem und noch zu Realisierendem, zwischen noch zu Planendem und bereits Realisiertem changieren, steht das in unmittelbarer Nähe des B-Part zu findende, von O&O Baukunst gebaute Holzmodell des städtebaulichen Entwurfs der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck für Modell / Skulptur, der ersten Ausstellung bei B-Part Exhibition, als Link zwischen innen und außen, zwischen Heute und Morgen.

Der Ausstellungsraum B-Part Exhibition begleitet die künftige Entwicklung der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck mit künstlerischer Autonomie und tritt somit zugleich in einen Dialog mit den übergeordneten Themen des Gesamtprojekts – Formen des New Work, Co-working, Kultur und Sport – und schafft Synergien zwischen künstlerischen, kulturellen und sozialen Ansätzen. Künstlerischer Leiter des B-Part Exhibition ist Rüdiger Lange (loop – Raum für aktuelle Kunst).

Details

Datum:
06.04.2019
Zeit:
14:00 - 18:00

Veranstaltungsort

B-Part Am Gleisdreieck
Luckenwalder Str. 6b
Berlin, 10963 Deutschland
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Veranstalter

B-Part Am Gleisdreieck
E-Mail:
info@bpart.berlin
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